Tag Archives: Wissenschaft

Platz und Rolle von Dissens in Diskursgemeinschaften. Erfahrungssplitter

Eigentlich wollte ich ja was ganz ANDERES machen. Nämlich diese alle Texte lesen, euch kurz zusammenfassen und einen Blogbeitrag drüber schreiben. Sozusagen eine Rezension zu dem Zweck, dass ich mich auch vollständig durchkämpfe.

Bevor ich aber - mit einer mittelgroßen Tasse Kaffe im Schlepptau - daran ging, streifte ich noch ein bisschen durch Input aus gestern, nachdem ich mich ins Bett verzogen hatte, und stieß auf diese Frage von dem @spani3l. MOOC-Texte, ich kann nicht anders, ihr werdet auf das nächste Wochenende verschoben.

„Was ist denn dann die Rolle von Dissens in solchen Diskursgemeinschaften – hat der überhaupt eine Rolle, hat er Platz? Wie geht ihr in euren Diskursgemeinschaften mit Dissidenten, Querdenkern und Leuten, die vielleicht einfach nur anders sind um?“

Tausend kleine Mosaik-Steinchen blitzen vor meinem geistigen Auge auf, wie ich als anders Seiende in einem Diskurs behandelt, oder wie ich einem Querdenker während eines Diskurses begegnet. Nach etwa 2 Stunden draufstarren, formiert sich ein Muster.

Erfahrung 1: Diskursgemeinschaften, wer ist denn Teil einer Diskursgemeinschaft?

Schon gleich in meinem ersten Semester habe ich irgendwie verstanden, dass es sowas wie eine Diskurs-Gemeinschaft gibt, die Teilnahme an dieser/diesen wurde in Seminaren schon eimal eingeübt. Allerdings habe ich es nie (und bis heute) geschafft, wirklich Teil einer solchen universitären Diskursgemeinschaft zu werden, und dies m.E. aus mehreren Gründen.

  • Ich denke zu langsam. Fällt mir die passende gut durchdachte und formulierte Erwiderung auf eine Frage/eine Aussage im Seminar ein, ist die Gruppe schon wieder zwei Gedankengänge weiter. Ich lasse meinen Einwand los und versuche wieder zu folgen.
  • Ich lese zu wenig. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ich mir alle Namen und Werke in meinem ersten Seminar aufgelistet habe und mich dann die ersten Semesterferien in Unmengen von pädagogischen Klassikern, Theoretikern und auch die Gedankengänge von Fromm und Freud eingelesen habe. Aber da hatte ich ja auch Zeit und keinen Vollzeit-Job. Ich denke immer noch, man müsse die Literatur, auf die sich jemand bezieht erst mal lesen. Und nachhaken, wenn der oder die einen Begriff benutzt, welche Definition denn genau dahinter steht. (Das kann nämlich nach Fachgebiet und nach „Schule“ höchst unterschiedlich sein).
    [Übrigens habe ich es auch noch nicht geschafft, hier alle Literatur nachzulesen, aber das werde ich noch tun!]

Erfahrung 2: Ich begegne Spok und er betrachtet mich als eine fremde Lebensform

Manchmal während meiner ersten Semester bin ich über meinen Schatten gesprungen und habe einen Satz (selten elaborierter formuliert) aus meiner Erfahrung heraus formuliert. Typische Reaktion der Studierenden: herzhaftes Lachen. Richtig alte Lehrende (meistens Männer) hatten darauf ein süffisantes Lächeln auf den Lippen, starrten mich ein wenig an… und sagten sowas wie „Interessant“. (Was mich immer an Spok erinnerte.)

Beides hat mich nicht gestört. Nein. Im Gegenteil. Ich war eigentlich sehr erfreut, mich eingebracht zu haben.

Erfahrung 3: Sich einem Lager zuschlagen

Manchmal halte ich mir Einwände vom Leib, indem ich auf Durchzug schalte. Dies geschieht insbesondere, wenn ich versuche, eine Vorgehensweise zu umreißen, wie ich vorhabe eine Frage zu beantworten.

Ich:
Also das Material liegt in verschiedenen Formen vor, ich bringe es erst einmal in eine Form, nämlich Text und speise diesen in MAXqda ein. Wenn alles drin ist, habe ich dann ungefähr - wäre der Text ausgedruckt - 23 dicke Ordner Rohmaterial, das es jetzt zu beackern gilt.

Er:
Ja, aber das Rohmaterial ist doch höchstens von 51 Menschen produziert. n=51 ist zu niedrig. Außerdem ist das ganze doch gar nicht  vergleichbar! Das ist doch gar nicht auswertbar. Pass mal auf, … Du schmeißt das besser weg und machst einen Fragebogen, wo man ankreuzen muss. NICHTS schreiben lassen. Das ist des Teufels!

Ich:
Ja. Beantworte Du Deine Fragen und ich meine. Ja. Ich schmeiss das Zeug schon weg, aber verpiss Dich jetzt SOFORT UND LASS MICH IN RUHE, Du quantitatives Biest, Du! 😉

Erfahrung 4: Ein neues Lager begründen

Man kann als Außenseiter natürlich gleich eine ganz neue „Schule“ begrüden. Das haben z.B. m.E. Luhmann (mit seiner Systemtheorie) gemacht, oder auch Oevermann (mit seiner Objektiven Hermeneutik).

Was dazu  notwendig ist?

  • Ein Vorgehen, das erstaunliche Forschungsergebnisse erbringt.
  • Und dann es schaffen, dass Menschen (Wissenschaftler) sich dieses Vorgehen zu eigen machen. Vorteil der Wissenschaftler: Sie können noch weiße Flecken innerhalb eines gesteckten Rahmens beackern und so zu akademischen Weihen gelangen.
  • Am besten nach innen (In-Group) sich zwar gegenseitig herausfordern, aber so, dass man sich gegenseitig fördert. Nach außen einen Feind suchen, der aber auf dem selben Feld spielt. Oevermann z.B. die Tiefenhermeneutik.
  • Man muss vorher jedoch in gewissem Maße im Wissenschafts-System integriert gewesen sein.
  • Und es macht irre viel Arbeit. Luhmann war fleißig (hat viel viel viel geschrieben), Oevermann nicht so viel, aber dafür ist er von charismatischer Persönlichkeit und lebt sein Vorgehen in Forschergruppen vor und aus.

Erfahrung 5: Dissens kontrolliert zulassen und wertschätzen

Das wär‘ natürlich das beste. Soviel Dissens zulassen, wie man vertragen kann und es für das eigene gedankliche Weiterkommen fruchtbar machen. Und das dem Gegenüber auch wertschätzen.

Ergo

  1. Dissens kann ich leichter zulassen, wenn ich fest im Sattel sitze (also mich im Uni-System nicht erst etablieren muss oder ganz unten angesiedelt bin).
  2. Einwände zulassen macht Arbeit. Weil ich muss mich damit auseinandersetzen und ggf. nachlesen.
  3. Einwand muss irgendwie an mein Gedanensystem andockbar sein, sonst nutzt er mir nichts, weil er sich wie aus anderer Welt anfühlt. Ich könnte also nur die Welt wechseln.
  4. Und manchmal muss man den auch aus Zeitgründen abbügeln.

Ich geh‘ lesen. Und wagt euch bloss nicht, mich nochmals so zu inspirieren! 😉

@mons7

 

 

 

2 Comments

Filed under Diskurs, Dissens, Wissenschaft, wissenschaftliches Schreiben

Für euch (an)gelesen: A typology and dimensions of a description framework for MOOCs

„Our aim is twofold. We need to precisely describe a MOOC and we need to easily assign a type to it.“

 

QUELLE

Roselle, M.; Caron, P.A.; Heutte, J. (2014): A typology and dimension of a description framework for MOOCs. Author Manuscript. Published in European MOOCs Stakeholder Summit 2014, eMOOCs 2014, Lausanne.

Für alle, die’s selber (oder nach-)lesen wollen, einfach <hier> zum PDF klicken, eine Präse dazu auf Slideshare habe ich auch noch <da> gefunden.

WELCHE FRAGE WIRD HIER EIGENTLICH BEHANDELT?

Das ist das schöne an der Wissenschaft, viele Menschen stellen sich zur gleichen Zeit ähnliche Fragen,… und es gibt aller Orten Ansätze und Bemühungen, die kollektiv aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Man kann sich aufeinander beziehen, voneinander lernen, gemeinsam an etwas arbeiten und ein Feld weiterentwickeln.

Eine der Fragen rund um MOOCs (die auch mich interessiert), wurde hier im Blog schon einmal aufgeworfen. Könnte man nicht ein Raster entwickeln, über das sich MOOCs einordnen und beschreiben lassen? Vielleicht ein feineres, als das grobe xMOOC vs cMOOC? Eines, das der weiteren Forschung und Bemühung ums Thema nützlich?

WARUM IST DIE FRAGE EIGENTLICH RELEVANT?

Für was es genau nutzen könnte, das haben Rosselle, Caron, & Heutte gleich vorangestellt. Und das gleich in fünffacher Weise. Zunächst ließen sich tatsächlich stattfindende (oder in der Vergangenheit stattgefundene) MOOCs untereinander besser vergleichen. Man könnte MOOCs an sich besser mit anderen Lehr-Lern-Angeboten kontrastieren, drittens besser beurteilen, ob man Ergebnisse aus anderen verwandten Forschungsgebieten auf MOOCs übertragen könnte, viertens „it could enable us to capitalize on-MOOC research results themself“, was auch immer das heißen mag. Man helfe mir hier. Last but not least hülfe solcher Art Beschreibung, neue MOOCs zu entwickeln, laufende zu beforschen.

WARUM DAS GAR NICHT SO EINFACH IST

Das Vorhaben sei aber nicht ganz so einfach, so die Autoren. Da verschiedene wissenschaftliche Disziplinen ihr ureigenes Interesse am Feld hätten, wäre es schon sinnvoll, für all diese einen Vorschlag der Kategorisierung und Beschreibung zur Verfügung zu stellen, damit man sich interdisziplinär besser befruchte, und nicht jeder unabhängig voneinander die eigene Suppe kocht. Die logische Folge daraus aber, dass Vieles (viel zu Vieles) aus all diesen Perspektiven berücksichtigbar, eine Auswahl tut also gerade deshalb gut und Not. Und dann seien ja nicht nur Wissenschaftlerinnen, sondern noch ganz andere Interessenten zu beglücken, die man ja auch nicht (ganz) vernachlässigen wolle - wahrscheinlich um (öffentlichkeits-)relevant zu sein, über die wissenschaftliche Community hinaus.

WAS ES SCHON FÜR TYPOLOGIEN GIBT

Natürlich schauen sich die Autoren erst einmal um, was es schon gibt, auf dem Markt der MOOC-Typologien. Und da gibt es in der Tat so einiges.

1. Die xMOOC vs cMOOC-Front. Welcher Seite ich bei dieser Unterscheidung, so sie aufgeworfen, angehörte, ist euch ja eh klar. Die beiden Formen haben sich vom Zeitablauf her nacheinander entwickelt. Zuerst war der cMOOC da, auch wenn das in den Veröffentlichungen zu xMOOCs ganz oft ausgeblendet wird, da fängt die Geschichte der MOOCs meistens 2011 an, den ersten MOOC in seiner Original-Form und mit dem Acronym bezeichneten, der fand aber schon 2008 statt. Aber auch das wisst ihr ja schon.

2. Eine weitere Unterscheidung ist schon etwas erweitert und nimmt die Art und Weise in den Blick, wie der Veranstalter den MOOC konzipiert und gedacht haben. Neben dem xMOOC, der die Inhalte, die „vermittelt“ werden sollen, in den Blick nimmt, gibt es eine weitere Form, den tMOOC, bei dem es um „tasks“, also Aufgaben, ein Tun geht, die Kompetenz wofür dabei entwickelt werden soll, und dann noch die wieder Ursprungsform, der cMOOC, bei dem es ums Netzwerken gehe.

3. Als drittes stellen die Autoren die Typologie von Clark vor; hier werden acht Typen von MOOC unterschieden, ich fand’s jetzt nicht SO aufschlussreich, wer mag, soll selber nachlesen. Hier ist zu diesem Zwecke das Paper nochmals verlinkt.  Beispiele für von ihm verwendete Begriffe sind MiniMOOCs, cMOOCs, Adaptive MOOCs, oder auch SynchMOOCs.

4. Der vierte Aspekte bezieht sich auf die Offenheit vs. Geschlossenheit von MOOCs, wobei hier Abstufungen von (ziemlich) ganz offen bis zu (ziemlich) ganz geschlossen vorgenommen werden. Bezeichnet werden die MOOC-Formen hier als cMOOC, iMOOC und xMOOC.

EXISTIERENDE TYPOLOGIEN IN DER PRAKTISCHEN ANWENDUNG

Die vorgestellten Typologien nun wurden an vier real stattgefundenen MOOCs gemessen und ausprobiert. Mit nicht ganz befriedigendem Ergebnis. Der erste Vorschlag hat funktioniert, jedoch verbleiben zu viele Unterschiede zwischen den MOOCs, die aber in die gleiche Kategorie gesteckt werden. Ähnliches Problem beim zweiten Kategorisierungs-Vorschlag. Beim dritten Vorschlag kann man die MOOCs mehreren Kategorien zuordnen (nicht gut), den vierten Vorschlag finden die Autoren ungeeignet für eine Typologie, eher geeignet für „a description framework“, ein - ich nenne es jetzt mal - Beschreibungsraster.

VON BEREITS EXISTIERENDEN TYPOLOGIEN (TEL*) ZU EINEM EIGENEN VORSCHLAG

Um es hier kurz zu machen. Es werden weiters noch Typologien, Technology Enhances Learning zu beschreiben vorgestellt, und dies alles nun genutzt, um einen eigenen Vorschlag zu machen. Und der eigene Vorschlag der Autoren (also im Grunde der Punkt, der im Artikel gemacht wird), der ist - hehe - wohl auch einen eigenen Blog-Post wert.

INSGESAMT UND UNTER’M STRICH

gefällt mir der Artikel. Er ist gut strukturiert. Und strukturierte Ausarbeitung haben so etwas klar geordnetes, so etwas den Geist klärendes. Trotzdem ist das Thema mitnichten noch an seinem Ende angelangt.

Wir feilen weiter daran.
Ich auch.

Eure m.

 

*Technology Enhanced Learning

2 Comments

Filed under E-Learning, MOOCs

Thematische Neujustierung - aller guten Dinge sind 3

Ja, ja, ich weiss. Ein wenig MOOC-lastig ist es hier zugegangen in letzter Zeit. Was ja nicht unbedingt schlecht sein muss. So habe ich mich sehr über den Tweet von @empeiria im Rahmen des letzten #edchat gefreut. Den ich ansonsten - so habe ich mir vorgenommen - heute Abend noch nachlesen werde.

 

Trotzdem habe ich zwei andere Bereiche meiner Leidenschaft ein wenig zu kurz kommen lassen. Und das soll sich die nächsten Wochen endgültig ändern.

Noch mehr Leidenschaft(en)

Ich habe nämlich noch ein paar (oder besser Paar 😉 ) mehr Leidenschaften, als das MOOOCen in allen seinen Aspekten. Nämlich

Qualitatives Forschen - in der Theorie und ganz konkret

Das Projekt 2014+ nimmt langsam aber sicher Konturen an. Einzelne Kapitel kristallisieren sich heraus. Und ja, auch hier geht es ums MOOCen, genereller Web-Lernen, aber eben mehr in der reflektierenden wissenschaftlichen Art und Weise. Ein Kapitel wird sich - natürlich - mit dem Stand der Forschung auseinandersetzen. Viel Raum werden aber auch Ausführungen einnehmen,

  • dazu, was qualitatives Forschen eigentlich und überhaupt ist,
  • welche Grundsätze dem qualitativen Forschen zugrunde liegen,
  • welchen Qualitätskriterien qualitatives Forschen sich verpflichtet fühlt,
  • wie qualitatives Forschen konkret aussehen kann und zwar
  • am Beispiel von Experten-Interviews und
  • am Beispiel der Auswertungsmethode der qualitativen Inhaltsanalyse (nach Mayring).

Über tiefergehendere Erkenntnisse dazu möchte ich kleine Beiträge und Videos erstellen, denn nur wer sich erklären kann, hat’s wohl verstanden. Und als ob das alles noch nicht genug, gibt es noch einen dritten Themenkomplex, der mich schon länger und immer wieder beschäftigt.

Alles 😉 ums Weniger ist Mehr

Und dieser Themenkomplex kann ganz verschiedene Aspekte haben, wie z.B.

  • Raum schaffen, Leere (zu)lassen, im direkten (Wohn-)umfeld. (Eigentlich wollte ich hier nur mal stichwortartig aufzählen, und in späteren Posts in die Tiefe gehen, erlaubt mir hier jedoch den Hinweis dass ich nichts davon halte alles wegzuschmeißen. Um diese Leere herzustellen. Zumindest dann nicht, wenn nur temporär, dann doch dies und das wieder angeschafft wird, um dann wieder einen Wegschmeiß-Aktion zu starten.)
  • Weniger Wollen.
  • Minimalistisches Design.
  • Downsizing.
  • u.v.m.

Dies nur als sanfte Warnung, dass es hier demnächst um Mehr gehen wird, als MOOCs, z.B. ums Weniger.

Eure m

 

1 Comment

Filed under MOOCs, Raum, Weblog, Wissenschaft

Wo fängt die Uni an - und wo hört sie auf?

Goethe-Universität, Frankfurt am MainDer neue Campus Westend, fotografiert von Konrad Hädener, veröffentlicht unter cc-Lizenz hier.

Ich kann mich noch gut an Oktober 1998 erinnern. Als ich das erste mal zur Uni ging. Aufgeregt. Aufgeregt stieg ich an der Bockenheimer Warte aus. Ich schaute mich um. Machte mich auf, Richtung AfE-Turm, der mittlerweile leer ist und von oben nach unten nach und nach abgebaut wird. Und ich stellte mir - und einem mir entgegen kommenden vertrauenswürdig ausschauenden Jungen - die Frage, über die ich heute lachen muss.

„Wo fängt die Uni an?“

Er verstand mich verständlicherweise nicht. Zog die Augenbrauen hoch und hakte nach. Ich versuchte mich zu erklären. Dass die Uni doch ein abgegrenztes Gebiet sein müsse. Um die eigentlich ein Zaun gezogen sein müsste. Und wenn schon kein Zaun, dann müsste doch zumindest das Haus im Straßenzug herausdeutbar sein, wo die Uni nun anfinge. Er erklärte kurz, dass die Uni über den ganzen Bereich verstreut sei. Durchmischt mit so manchem anderen. Ja, dass es sogar noch Gebäude an anderen Standorten in der Stadt gäbe. Und damit ließ er mich allein.

Wohl oder übel musste ich das erst einmal akzeptieren. Und machte mich auf, in meine erste Vorlesung. Dort wurde zu uns eine flammende Rede gehalten. Und jeder bekam einen knackigen Apfel in die Hand gedrückt. Ich glaube mich zu erinnern, dass die entsprechende Anmerkung in der Rede dazu lautete, dass wir es uns ja nochmals überlegen konnten. Wenn wir aber in den (saueren?) Apfel bissen, uns auf die Wissenschaft einließen, so sei es vorbei, mit der Unschuld, dem unschuldigen Denken. Unser Denken würde sich damit komplett ändern.

Du bist Universität

Ein weiterer Aspekt, der mir noch in Erinnerung ist, war der Satz, dass die Universität die Gemeinschaft der Lehrenden und der Lernenden sei. Ich weiss aber nicht mehr, ob nur hier am Ort, ob allerorten, oder ob die Gemeinschaft nur die Lernenden und Lehrenden der Fakultät beinhalten sollte. Zumindest verstand ich, dass jetzt auch ich mich dazu gehörig fühlen durfte. Was mich mit einem gewissen Stolz erfüllte.

Doch schon wieder regte sich die Art Frage in mir, die ich dem armen Jungen gestellt hatte. Wer gehört denn jetzt dazu? Wenn nicht primär der Ort den Aussschlag gab. Was wäre dann, so ich einfach beschließe zu lernen, bin ich dann auch Universität? Und bin ich nicht lediglich berechtigterweise in diesem Lehr-Lern-„Raum“, weil ich mich zuvor immatrikuliert hatte?

Die ersten Tage und Wochen also waren mitnichten aufschlussreich oder lehrreich für mich, vielmehr verwirrend und produzierten mehr Fragen denn Antworten. Und das für eine lange Zeit.

Was noch alles Uni war

Mit der Zeit erweiterte sich mein Bild dessen, was Universität ist, glich sich an die Alteingesessenen an. Dazu gehörte z.B. die klare Regel, dass man keine Gedanken für seine Ausgabe. Man nannte den Vordenker. Und wenn man ihn oder sie nachschrieb, so setzte man entsprechende Passagen in Anführungsstriche. Das war schon in mich eingraviert, bevor ich das Wort Plagiat überhaupt kannte.

Dazu gehörte, dass man nicht einfach sich seine Gedanken und Beobachtungen ins Blaue schrieb. Man musste erst einmal einige Wälzer durchforsten, die „richtigen“ ausfindig machen, um anzudocken.

Eine Vorstellung von Universität

Just in dem Moment, als ich mir die Vorstellung dessen angeeignet hatte, was denn Universität sei, war ich prüfungsbereit. Und auch heute noch fühlt es, als schalte ich in den Uni-Modus, so ich die Grenze des Campus (die es ja, so meine erste Lektion) gar nicht gibt, überschreite. Und dieser Modus ist qualitativ ein so anderer wie jener, in dem ich im Social Web zugange bin, dass ich noch keine Worte dafür finde.

Ein schönes Wochenende euch da draußen wünscht

 

Eure mons7 aka Monika E. König

2 Comments

Filed under Raum, Wissenschaft

MOOC-Veranstaltung als Strukturierungsangebote von Raum und Zeit im Virtuellen #mmc13

Quelle: http://www.flickr.com/photos/sludgeulper/3665510047/

Bildquelle. Nachdem mein Prämissen-Thesen-Post zur Nähe-Distanz-Problematik im virtuellen Raum nicht ohne Widerhall geblieben ist, was mich so überrascht wie erfreut hat, gleich mal eine Fortsetzung davon.

Im virtuellen Raum.

Um Nähe und Distanz überhaupt als herstellbar betrachten zu können, braucht es einen (virtuellen) Raum, in dem eine wie auch immer geartete Verortung vorgenommen werden kann. Aber was ist das eigentlich, der virtuelle Raum? Mit dieser Frage begebe ich mich recherchierenderweise ins Internet.

Erste spontane Funde.

„Im Gegensatz [zu Face-to-Face-Kommunikation] handelt es sich bei der comuterbasierten Kommunikation um einen Austausch zwischen Personen, die sich nicht gleichzeitig und gemeinsam an einem Ort bzw. in einem Raum aufhalten.“ (Reiterer & Deussen (Hrsg.), 2012, S. 193). Dieses sich physisch nicht im gleichen Raum aufhalten bei gleichzeitiger Verwendung des Begriffes Raum im Virtuellen, macht einen erweiterten Raumbegriff nötig. „Ein erweiterter Raumbegriff berücksichtigt, neben seiner materiellen Erscheinung, auch seine soziale Konstruiertheit.“  (Reiterer & Deussen (Hrsg.), 2012, S. 194) Wobei so richtig weitergehend bin ich noch nicht fündig geworden. Was dies denn nun sei. Der virtuelle Raum. Werde wohl mal bei Jana (Hochberg, 2012) nachlesen. Oder ihr könnte mir einen einschlägigen Hinweis geben? Und werde daraufhin einen eigenen Post dazu verfassen. Zum virtuellen Raum.

Mögliche räumliche Aspekte

Spätestens hier wird deutlich, dass ich mich weder schon tief eingelesen, noch das zu beschreibende Phänomen durchdrungen hätte, als dass ich Worte dafür finden könnte. Deshalb - unter dem Vorbehalt, meine Ahnung demnächst ganz anders auszudrücken und zu benennne, im Folgenden einige Aspekte, die für die Konstitution und Konstruktion des virtuellen MOOC-Raums aus Veranstalterperspektive von Bedeutung sein könnten.

Der MOOC-Blog als Veranstalter-WG.

Diese Definition wurde von Veranstalterseite eingebracht. Visualisiert durch das bereits mehrmals wiederverwendete Bild von Dörte und mir auf zwei Couches. Ähnliche Konnotation auch von Teilnehmerseite von Sibylle Würz mit der Verbildlichung des Atmosphärischen als Gasthaus in zwei Teilen (Teil 1 und Teil 2). [Hier jedoch fraglich, ob damit nicht vielmehr Umfassenderes denn das Veranstalter-Blog gemeint.] In einem anderen Teilnehmerbeitrag in Form eines (öffentlichen) Hangouts on Air nämlich wurde die Atmosphäre direkt auf dem Blog wiederum als weniger ansprechend empfunden. [Finde den HOA just gerade nicht, bitte um Hinweis als Kommentar, damit ich ihn verlinken kann, so von jemandem gerade greifbar.]

Die Anmeldeseite als Manifestierung der Gäste.

Irgendwie müssen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sichtbar werden können. Sich selbst sichtbar machen. Sich gegenseitig (wieder-)erkennen oder überhaupt wahrnehmbar werden. Dies geschah und geschieht über eine Seite des Blogs, die Anmeldeseite. Auf dieser verweisen die von den Teilnehmern freiwillig zur Verfügung gestellten Links auf deren Background, virtuelle Heimat. Dabei sind, wie in realen Zusammenkünften, manche zugeknöpfter, manche offenherziger im zur Verfügung stellen. Einige haben nachgelegt.

Einleitende Blog-Posts als vorschlagendes Angebot von Handlungsrahmen und -raum.

Die schon vor Beginn des #mmc13 formulierten und versandten Blog-Posts (Countdown - 7 Tage - 6 Tage - 3 Tage - 2 Tage) hatten somit die Funktion, bereits dann den Handlungsrahmen und -raum abzustecken, um Teilnehmern ein erstes Angebot zu unterbreiten. Je häufiger ein MOOC in dieser Form stattgefunden haben wird, desto mehr können diese Funktion diejenigen Teilnehmer übernehmen, die bereits an einem solchen teilgenommen haben.

Kommentarfunktion als Rückversicherung.

Hierüber bin ich mir ganz und gar nicht sicher. Da die Kommentarfunktion nicht sehr oft genutzt wurde. Oder weniger oft, als bei der Anzahl der Personen, die sich anonym angemeldet haben (ca. 365; Stand 07.02.13) - und damit sich in großem Teil mit den öffentlichen Anmeldungen überschneidend, da die anonyme Anmeldung den E-Mail-Versand der Blog-Posts sichert - angenommen werden könnte.

Trotzdem. Ich möchte den Gedanken mal *in den Raum* stellen 😉 … und vielleicht finde ich ja Mittel und Wege der Verifizierung. Oder Falsifizierung.

Nicht-öffentliche Hangouts als Ort des Socializing und gemeinsamer Erholung.

Interessant, dass der Begriff „hangout“ übersetzt ins Deutsche auch Bude oder Lieblingstreff heisst. Tatsächlich nutzen wir Veranstalter gelegentlich einen Hangout zu dritt, um uns während stressigeren Phasen abzusprechen, aber nicht nur, sondern vielmehr auch zusammen zu entspannen. Um ein bisschen zu plaudern, … und um das Gefühl zu kriegen, dass wir nur den Ball flach halten müssen.

Öffentliche Hangouts als offizielle Familienfeste.

Die öffentlichen Hangouts muten - im Vergleich - für mich an wie Familienfeste. Eine goldene Hochzeit. Oder ein 50. Geburtstag. Ich mag Familienfeste. Es laufen alle ein. Alle haben sich irgendwie mental darauf vorbereitet. Zum Teil schick gemacht. Ein Ereignis gibt es zu feiern. Durch die Zusammenkunft und gemeinsames Ausgelassensein entsteht eine Zäsur im täglichen Allerlei. Wofür man sich manchmal - z.B. Freinehmen von der Arbeit -  die Luft schaffen muss.

Manche mögen sowas auch gar nicht.

Mögliche zeitliche Aspekte

Wochenthemen als zeitliche Vorstrukturierung vergleichbar mit z.B. Faschingszeit

Der Wochenrhythmus gibt verschiedene Unterthemen bezogen auf den Zeitraum vor. Das Thema färbt gleichsam den Zeitraum ein. Vergleichbar mit dem derzeit stattfindenden Fasching. Die Einfärbung ist in diesem Falle Spass haben, den Winter hinter sich lassen. Kollektives und erlaubtes aus dem Rahmen fallen. Eine andere Einfärbung dieser Art ist z.B. die Adventszeit. Ursprünglich als kollektive Besinnungs- und Fastenzeit gedacht, auch wenn mittlerweile Kommerzialisierung und Fresserei übernommen haben.

Zäsuren durch synchrone Ereignisse

Obwohl ich die beiden Formen von Hangout oben unter räumliche Aspekte subsumiert habe, so finden sie doch auch zu einem gewissen Zeitpunkt statt, der (zumindest zunächst, nicht jedoch, wenn man den HOA nachschaut) Synchronität herstellt. Aus welchem Grunde sehnen wir uns eigentlich nach gelegentlicher Synchronizität?

Wochenanfangs- und Wochenabschluss-Posts äquivalent zum den Morgen und den Abend einläuten.

Eine bleibende Erinnerung meiner Kindheit ist das 6-Uhr-Läuten am Morgen. Vor meiner Zeit war das wohl der Wecker-Ersatz gewesen. Das 6-Uhr-Abend-Läuten hatte aber sogar noch zu Zeiten meiner Kindheit eine Funktion für mich. Dann musste ich nämlich spätestens zu Hause sein. Wenn es läutete.

Als zeitliche Orientierungspunkte analoger Funktion mute mir die Wochenanfangs- und -abschluss-Posts an. Sie markieren den Beginn und das kollektive Ende einer Einfärbung (s. dazu oben).

Zum guten Schluss

Bei alledem wird das gemachte Angebot von Veranstalterseite immer wieder neu ausgehandelt und ist einem konstanten Veränderungsprozess unterworfen. Wobei die an der Veränderung beteiligten diejenigen sind, die bestimmte Aspekte auf ähnliche Weise wie die Veranstalter interpretieren.

Besucher des Blogs z.B., die zu diesem so gar keinen Zugang finden können demnach als solche interpretiert werden, für die an das Strukturierungsangebot der Veranstalter aufgrund anderer Sozialisations- und Lernerfahrungen nicht andockbar ist, denn die „Präsenz räumlicher Erfahrungen, die in der täglichen Raumpraxis ständiger Bestätitgung und Anpassung unterworfen sind, schafft die Voraussetzung für die Akzeptanz von entsprechend kontextualisierten Online-Räumen“  (Reiterer & Deussen (Hrsg.), 2012, S. 201)

So. Jetzt aber wirklich Schluss.

Eure m

***************************************************************************

Literatur

Hochberg, J. (2012): Das Verhältnis der Wirklichkeitsbereiche: Online - Offline: Was ist virtuell, was ist Realität. Saarbrücken: AV Akademikerverlag.

Reiterer, H.; Deussen, O. (Hrsg.) (2012): Mensch & Computer 2012. München: Oldenbourg Verlag, S. 193-202. Download.

3 Comments

Filed under Forschung, MMC13, MOOCs